90 Jahre Einheitsfront der Arbeiterbewegung – Erinnern an die Großkundgebung in Sulzbach

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Am 26. August 1934 fand in Sulzbach die größte Kundgebung gegen Rechts in der Zeit des Saargebiets 1919 – 1935 statt, am damaligen Versammlungsheim des Reichsbanners. Mehr als 60.000 Menschen hatten daran teilgenommen. „Nie zu Hitler!“ war die bestimmende Losung. Aufgerufen hatte die antifaschistische Einheitsfront von Kommunistischer und Sozialdemokratischer Partei des Saargebietes, unterstützt wurde der Aufruf von lokalen Gewerkschaftsgruppen, vom sozialdemokratischen Reichsbanner und kommunistischen Rotfrontkämpferbund, von den Jugendorganisationen Sozialistische Jugend der SP (SAJ) und dem Kommunistischen Jugendverband (KJVD), von den Arbeitersportverbänden und Arbeitermusikvereinen und Kapellen, von bürgerlichen und katholischen Hitlergegnern.
Hauptredner waren Fritz Pfordt, Vorsitzender der KP im Saargebiet, für die katholischen Hitlergegner Pater Dörr und Max Braun, Vorsitzender der SP im Saargebiet. 60 tausend Menschen sprachen Satz für Satz den „Schwur von Sulzbach“ und bekräftigten 10 Forderungen zur Zukunft des Saargebietes wie Beibehaltung eines demokratischen Status Quo, Forderungen zur Verbesserung der sozialen Lage der Arbeiterklasse, nach Verbesserungen im Bildungswesen und Gesundheitssystem. Das war mehr als nur ein „Nein zu Hitler“.
Lange hatte es gebraucht, bis die antifaschistische Einheitsfront erreicht wurde. Am 2. Juli 1934 unterzeichneten die beiden Landesvorsitzenden das Abkommen. Tags darauf wurde es in den Arbeiterzeitungen veröffentlicht. Sozialdemokraten und Kommunisten hatten viele Schwierigkeiten, Vorbehalte und feindliche Auffassungen zu überwinden. Diffamierungen auf beiden Seiten, die Sozialdemokraten wurden als „Sozialfaschisten“ und umgekehrt die Kommunisten als „rot lackierte Faschisten“ bezeichnet. Anfang 1934 drängten Kommunisten und Sozialdemokraten in den Arbeiterstadtteilen und Arbeiterdörfern auf gemeinsamen antifaschistischen Widerstand. Die Führung der KPD unterstützte diese Bestrebungen während der Exilvorstand der SPD (SOPADE) dies ablehnte. Schließlich setzte sich die Führung der Saar-SP darüber hinweg. Auch die Führung des Gewerkschaftsbundes ADGB im Saargebiet war erst im Dezember bereit, mit dem Roten Gewerkschaftsbund (RGO) ein Einheitsfrontabkommen zu vereinbaren.
Die Einheitsfront bewirkte eine deutliche Verstärkung der Aktionstätigkeit der antifaschistischen Kräfte. Auf unzähligen Kundgebungen wurde das „Status Quo Programm“, die 10 Forderungen von Sulzbach erläutert. Die Einheitsfront kam spät. Und sie führte einen ungleichen Kampf, gegen das tiefverwurzelte Nationalgefühl der Bevölkerung, gegen den massiven Druck der „Arbeitgeber“, der Stahlbarone, die in den Hüttenwerken den „Deutschen Gruß“ anordneten. Gegen die vorherrschende Propaganda der prodeutsch-faschistoiden Zeitungen und des Rundfunks mit den falschen Versprechungen der Nazis, gegen die katholische und evangelische Amtskirche. Das Ergebnis der Saarabstimmung vom 13. Januar 1935 ist bekannt. Fast 91 % stimmten für „Heim ins Reich“.
Wir setzen uns weiter dafür ein, dass die Erinnerung an die Status-Quo Einheitsfront-Bewegung und ihr anschließendes Wirken im Widerstand oder im Exil gegen den Nationalsozialismus lebendig bleibt.
Obwohl es letztlich nicht gelang, Hitler an der Saar zu verhindern, ist der gemeinsame Kampf von SaarländerInnen mit weltanschaulich sehr unterschiedlichem Hintergrund doch ein Vorbild für DemokratInnen gerade in der heutigen Zeit. Nur mit einem breiten Bündnis demokratischer Kräfte können wir der heute stark gewachsenen rechtsextremistischen Gefahr begegnen. Uns ermutigen deshalb die Massendemonstrationen gegen die AfD und gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu Beginn des Jahres 2024.
Der Abstimmungskampf und das Ergebnis der Saarabstimmung mahnen uns, wachsam zu bleiben gegenüber allen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit. Ausländerfeindliche Parolen, ob von Rechts oder der Mitte dürfen nicht länger geduldet werden. Die Übernahme von Forderungen der AfD z. B. nach Abschiebungen stärkt nur die extreme Rechte.
Aber es gilt auch, die Ursachen des aktuellen Rechtsrucks zu bekämpfen: Weite Teile der Bevölkerung haben zurecht Angst, ihren Lebensstandard nicht länger halten zu können, sparen an der Alterssicherung. Die Regierungen in Berlin und Saarbrücken machen keine sozial gerechte Klima- und Wirtschaftspolitik, weil sie den Interessen des Kapitals verpflichtet sind und nicht denen der Mehrheit. Wer wirksam gegen Rechts Politik machen will, muss endlich die Wohnungskrise bewältigen, der muss Arbeitsplatzsicherheit schaffen und die Armut wirksam bekämpfen.
Und das wird nur gehen, wenn der derzeitige Kurs der Hochrüstung durch eine neue Entspannungspolitik abgelöst wird.
Die historische Lehre der Niederlage des 13. Januar 1935 heißt:
Nein zu Nationalsozialismus! Nein zu Faschismus! Nein zu Krieg, Kriegspropaganda und Aufrüstung! Für Demokratie und Menschenrechte!

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