Die Ford-Konzernspitze hetzt die Standorte in Saarlouis und Valencia in einen mörderischen Konkurrenzkampf. Das perfide Spiel um die Ford-Standorte bedroht nicht nur das Werk selbst, sondern droht weitere Betriebe und tausende Arbeitsplätze im Saarland in den Abgrund zu reißen.
Es geht um die Arbeit von tausenden Saarländerinnen und Saarländern. Es geht um 4800 Beschäftigte im Werk Saarlouis, um 1300 im Zulieferpark, um weitere Tausende in vor- und nachgelagerten Bereichen. Die Produktion des Focus läuft 2025 aus. Ein Anschlussmodell gibt es bisher nicht. Die Ford-Oberen wollen das neue Elektroauto nur an einem der beiden Standorte produzieren lassen, der andere bleibt auf der Strecke.
Der Konzern ist schon seit langem für seine rabiate „Sanierungspolitik“ berüchtigt. Er hat in den letzten Jahren mit seinen Werksschließungen in Belgien, Frankreich und England eine Spur der Arbeitsplatzvernichtung durch Europa gezogen. Seit 2018 sind in Saarlouis 2500 Arbeitsplätze abgebaut worden. Für vage Versprechungen einer Beschäftigungssicherung wurden den Belegschaften schmerzhafte Zugeständnisse abgepresst. In dem brutalen „Bietergefecht“ werden von beiden Belegschaften in Saarlouis und Valencia erneut Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerung verlangt. Seit Monaten profitiert Ford von der Kurzarbeit, die bekanntlich aus den Beiträgen der Arbeitenden und Steuergeldern finanziert wird. Krisen in der Automobilindustrie werden immer wieder auf Kosten der Belegschaften bewältigt.
Die Automobilindustrie befindet sich schon seit Jahren auf dem absteigenden Ast, Überproduktion genannt. Im Zeitraum von 2017 bis 2021 ging die Weltautomobilproduktion um fast 20 Prozent zurück. In Deutschland sank in diesem Zeitraum die PKW-Produktion von 5,7 Millionen auf geschätzt 2,5 Millionen, ein Rückgang von fast 60 Prozent. Jetzt kommt die Umweltkrise dazu.
Lange Zeit haben sich die Autokonzerne der Herausforderung entzogen, Alternativen zum Verbrennungsmotor und alternative Mobilität zu entwickeln und einzuführen. Jetzt geht das nicht mehr so weiter. Ford ist als letzter auf den Zug der E-Mobilität aufgesprungen. Für die Ignoranz der Automobilkonzerne gegenüber dem Klimawandel und den ökologischen Erfordernissen sollen jetzt die Beschäftigten zahlen.
Die Automobilkrise trifft das Saarland schneller und härter als anderswo. Dramatisch zeigt sich jetzt, wie die einseitige Abhängigkeit von der Automobilindustrie zum sozialen Problem Nr. 1 im Saarland wird. Auch der einseitige sozial und ökologisch fragwürdige Ausbau der E-Mobilität wird diese Abhängigkeit nicht beseitigen. Über 50.000 Beschäftigte finden derzeit in diesem Wirtschaftszweig Lohn und Brot. Es ist bekannt, dass von einem Automobilarbeitsplatz mindestens zwei weitere im Zulieferbereich abhängen. Fast jeder saarländische Ort hängt mit kleineren und mittleren Betrieben am Tropf dieser Branche. Wenn Ford nicht gehalten werden kann, welchen Sinn macht dann noch die Milliardeninvestition von S-Volt in Überherrn?
Die Alarmzeichen im Saarland sind auf Rot gestellt. Das Krisenszenario bei Ford zeigt dramatisch, wie schnell die hochfliegenden Pläne einer Elektromobilität-Zukunft für das Saarland platzen können. Ford ist auch ein Beispiel für das Versagen des kapitalistischen Marktprinzips.
Die saarländische Landesregierung ist mit dem Prinzip „Der Markt wird es schon richten“ gescheitert. Die Parteien der noch amtierenden Groko geben zwar ihr Bekenntnis für die ökologische Transformation ab; bei der Umsetzung und der Beherrschung der sozialen Folgen aber sind sie rat- und zahnlos.
Schon lange überfällig ist ein Handlungskonzept der Landesregierung für den sozial-ökologischen Umbau.
Jede und jeder hat ein „Recht auf Mobilität“ als soziales Menschenrecht. Mit dem weiteren Ausbau des heute vorherrschenden motorisierten Individualverkehrs kann dieses Recht in die Zukunft nicht gesichert werden.
Das Saarland braucht einen Strategiewechsel in der Automobilindustrie, eine Verkehrs- und Mobilitätswende, bei der diese Branche mit neuen Verkehrskonzepten und neuen Mobilitätsprodukten auf eine breitere und zukunftsfähige Grundlage gestellt wird und die Beschäftigten eine berufliche Zukunft haben. Dieser Umbau muss unter aktiver Mitwirkung der Belegschaften und der Gewerkschaften organisiert werden. Dafür ist die betriebliche Mitbestimmung auszuweiten und regionale Transformationsräte unter Beteiligung, der Gewerkschaften, der Umwelt- und Sozialverbände sind zu schaffen.
Schluss mit dem Prinzip: Profit vor Arbeit und Umwelt!
Von der neuen Landesregierung, die am 27. März 2022 ins Amt gewählt wird, fordern wir einen sofortigen Krisen-Aktionsplan zur Sicherung des Werkes in Saarlouis und der Zulieferbetriebe auch unter Anwendung der Artikel 51 (Eigentum verpflichtet) und 52 der saarländischen Landesverfassung.
- Wir fordern von der Landesregierung einen „Schutzschirm für alle Arbeitsplätze“ auf Grundlage der Landesverfassung („Recht auf Arbeit“) während des ökologischen Umbaus.
- Wir unterstützen die Forderung nach einer Sonderabgabe auf große Vermögen (Öko-Soli) und Profite! Wir erneuern die Forderung nach Einführung einer Millionärssteuer!
- Wir fordern ein Verbot betriebsbedingter Kündigungen für alle Großbetriebe im Saarland, mindestens bis 2030. Unternehmen, die ihre Produktion und ihre Produkte im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes umstellen, erhalten – falls notwendig – Fördergelder für Forschung und Entwicklung. Notwendig ist die politisch unterstützte Entwicklung und Förderung eines Marktes für nachhaltig produzierte Produkte.
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