Zukunft statt Kapitalismus – Von der Wut zum Widerstand – Solidarität mit den Beschäftigten bei Ford und im Industriepark – Saar-Industrie demokratisieren und umbauen

Erklärung der DKP Saarland zum Ergebnis des Bieterwettbewerbs der Ford-Standorte

Nun ist es raus. Das Ford Management hat entschieden, dass in Saarlouis kein neues Ford-Auto mehr produziert wird. Das perfide Spiel um die Ford-Standorte in Valencia und Saarlouis ist vorläufig (!) beendet. Das endgültige Aus schwebt wie ein Damoklesschwert bis zum Ende der Bestandsgarantie 2025 über der Belegschaft. Bis dahin wird Ford versuchen, weitere Arbeitsplätze zu vernichten.

Dass es „brutalster Kapitalismus“ ist, betonen jetzt viele. Wir leben nicht erst seit gestern in einer kapitalistischen Gesellschaft, in die Kapitalbesitzer, die Eigentümer über die Produktionsmittel bestimmen und damit über das Wohl und Wehe der Arbeitenden. Wenn es um den Profit geht, spielen „Fairness“ und Versprechungen keine Rolle – auch in anderen Unternehmen.

Es geht um die Arbeit von tausenden Saarländerinnen und Saarländern. Es geht um 4800 Beschäftigte im Werk Saarlouis, um 1400 im Zulieferpark, um weitere Tausende in vor- und nachgelagerten Bereichen. Der Konzern ist schon seit langem für seine rabiate „Sanierungspolitik“ berüchtigt. Er hat in den letzten Jahren mit seinen Werksschließungen in Belgien, Frankreich und England eine Spur der Arbeitsplatzvernichtung durch Europa gezogen. Als Teil des im Juni 2019 von der Ford Zentrale beschlossenen Streichung von 12.000 Arbeitsplätzen in Europa wurden seit 2018 in Saarlouis 2500 Arbeitsplätze durch Stellenstreichungen und Personalanpassungen vernichtet. Für vage Versprechungen einer Beschäftigungssicherung wurden den Belegschaften Lohnkürzungen und Arbeitszeitverlängerung abgepresst.

Die Beschäftigten bei Ford und im Industriepark bringen seit Jahren schmerzhafte Opfer. Die Landesregierung wollte dem gefräßigen Konzernmoloch hunderte Millionen in den Rachen werfen, um noch etwas zu retten. Doch alle Zugeständnisse und Angebote haben nichts gebracht.

Jetzt stellt sich die Frage:

Hat die Landesregierung einen Plan B? Wagt die Landesregierung den Zugriff auf das Werk, um möglichst viele Arbeitsplätze zu retten?  Nimmt sie die Artikel 51 und 52 der saarländischen Landesverfassung ernst:Eigentum verpflichtet gegenüber dem Volk. Sein Gebrauch darf nicht dem Gemeinwohl zuwiderlaufen.“ und „Alle wirtschaftlichen Großunternehmen können durch Gesetz aus dem Privateigentum in das Gemeinschaftseigentum übergeführt werden, wenn sie in ihrer Wirtschaftspolitik, ihrer Wirtschaftsführung und ihren Wirtschaftsmethoden das Gemeinwohl gefährden“.

Ford darf nicht zur Blaupause für andere Unternehmen werden. Unterbietungswettbewerbe zwischen Standorten müssen EU-weit verboten werden.

Wir müssen im Saarland raus aus der einseitigen Abhängigkeit von Verbrennertechnologie und Individualverkehr. Die Produktion muss zukunftsorientiert auf nachhaltige Produkte umgestellt werden. Die Belegschaften sind dazu fähig, der Staat muss die Mittel für den Umbau bereitstellen z. B. in Form einer Stiftung und die Arbeitsplätze durch direkte Einflussnahme sichern. Ein Volumen von einer Milliarde wurde im Bieterwettbewerb vom Saarland angeboten. Geld ist genug da – vor allem bei den Millionären und Konzernen.

Wir Kommunisten stehen an der Seite der Belegschaften, wir unterstützen nach unseren Kräften die IG-Metall im Widerstand für den Erhalt der Arbeitsplätze, die Sicherung der Lebensgrundlage der Beschäftigten und ihrer Familien.

Die DKP hat 2021 eine Kampagne zu Demokratisierung und Umbau der Saar-Industrie gestartet.

Wir fordern darin u. a.:

  • Bildung von regionalen Transformationsräten aus Vertreter*innen von Belegschaften, Gewerkschaften und Umweltinitiativen mit umfassenden Mitwirkungsrechten
  • Bildung einer öffentlich rechtlichen Gesellschaft des Saarlandes zur Förderung des sozialökologischen Umbaus der Wirtschaft im Saarland unter Beteiligung der Arbeitskammer und des DGB-Saar mit Mitbestimmungsrechten; Aufgaben und Kompetenzen sind u.a.: Vergaben von Fördermitteln an Betriebe, Organisierung beruflicher Weiterbildung und Qualifizierung der Belegschaften
  • Fördergelder für die Transformation in Unternehmen nur bei deutlicher Ausweitung der Mitbestimmungsrechte der Belegschaften und Erhalt der Arbeitsplätze
  • Verbot von betriebsbedingten Kündigungen für die kommenden fünf Jahre in den vom Umbau betroffenen Unternehmen; Umverteilung der Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich
  • Statt Standortschließungen sind alle Möglichkeiten zu nutzen, um die Zukunft der Belegschaften zu sichern! Denkbar sind Betriebsübernahmen durch Belegschaften (zum Beispiel für einen symbolischen Euro) und Genossenschaftslösungen, die staatlich gefördert werden müssen, sowie eine Anbindung an die Strukturholding Saar. Diese muss als arbeitsmarktpolitisches Instrument für den sozialökologischen Umbauprozess neu definiert und entwickelt werden.

Petition siehe https://weact.campact.de/petitions/umbau-fur-die-saarlander-innen-nicht-fur-den-profit

Saarbrücken, 28.06.22

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