von Thomas Hagenhofer, Bezirksvorsitzender der DKP Saarland
Liebe Genoss*innen, liebe Freund*innen,
ich freue mich, dass wir nun im zweiten Jahr hintereinander unser Sommerfest durchführen können und danke allen, die dabei geholfen haben.
Ich will keine lange Rede halten, nur zu einigen wichtigen Punkten Stellung nehmen.
Vor fast einem Jahr, auf unserem letzten Sommerfest ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn, stellte ich in meiner Rede fest: „Beide Seiten wollen diesen Krieg gewinnen oder zumindest dem Gegner deutliche militärische Niederlagen beibringen. Ein schnelles Ende ist nicht in Sicht.“ Dies hat sich leider bewahrheitet.
Nach neuen Schätzungen sind mittlerweile insgesamt an die 100.000 ukrainische und russische Soldaten gefallen. Über 10.000 unbeteiligte ukrainische Zivilisten sind gestorben. Über acht Millionen UkrainerInnen sind auf der Flucht.
Verbrecherisch ist nicht nur, ein anderes Land zu überfallen wie es Russland getan hat. Verbrecherisch ist es auch, einen Abnutzungskrieg fortzusetzen und zu eskalieren, der wie im Ersten Weltkrieg die Jugend zweier Länder als Kanonenfutter hinmetzelt. Beide Seiten handeln gegen die Interessen ihrer eigenen Bevölkerung, die die meisten Opfer bringen müssen. Sie handeln aber auch gegen die Menschen weltweit, die unter zunehmenden Ernährungskrisen und Inflation leiden.
Das Sterben in der Ukraine muss endlich enden. Wir brauchen einen sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen ohne Vorbedingungen. Was wir überhaupt nicht brauchen, sind Waffenlieferungen und schon gar keine Streubomben. Die von den Medien beschworene moralische Überlegenheit des Westens wird gerade durch zehntausende Minibomben und Uranmunition in die Luft gesprengt, die noch in Jahrzehnten Menschen töten werden.
Liebe Genoss*innen, liebe Freund*innen,
die allgemeine Rechtsentwicklung und der Aufschwung der AfD können uns als Kommunist*innen nicht kalt lassen. Diese im Kern faschistische Partei hat es durch Demagogie und Hetze geschafft, aus der Krise politisches Kapital zu schlagen. Und wie löchrig die Brandmauer der bürgerlichen Parteien ist, konnten wir im Sommerinterview von Friedrich Merz erleben. Das sind erste Versuchsballons, um neue Mehrheiten nach Vorbild anderer europäischer Länder zu schaffen. Wir sagen ganz klar: Niemals mit der AfD – Höcke ist ein Nazi – AfDler müssen im demokratischen Umfeld geächtet werden – ob in Parlamenten oder auf Friedensdemos.
Die löchrige Brandmauer ist das eine, das andere sind die Brandstifter. Und die sitzen in allen Parteien, die Krise und Krieg auf Kosten der Mehrheit finanzieren wollen oder die AfD-Politik in Regierungsverantwortung umsetzen wie derzeit die wahlkämpfende Bundesinnenministerin. Schon jetzt erleben wir, dass nach dem Grundsatz gehandelt wird: Kanonen statt Butter.
Während die Reichen in ihren Sportflugzeugen durch Deutschland jetten, können sich viele das 49-EUR-Ticket der Bahn kaum leisten. Das Kapital lässt auf Teufel komm raus die letzten fossilen Rohstoffe verbrennen. Und uns steht das Wasser schon längst bis zum Hals. Gleichzeitig werden die Sommertemperaturen in Großstädten unerträglich. Und das ist erst der Anfang – wie wir wissen. Deshalb braucht es jetzt schnell den Schulterschluss zwischen Friedens-, Klima- und Arbeiter*innenbewegung. Wir haben einen gemeinsamen Feind, der diesen Planeten zugrunde richtet. Eine solche gemeinsame Bewegung könnte mit den notwendigen Forderungen für einen radikalen Politikwechsel die Rahmenbedingungen ändern. Sie allein könnte genug politischen Druck erzeugen, um das Monopolkapital in die Schranken zu weisen. Deshalb haben wir als DKP Saarlands das Motto entwickelt: Zukunft statt Kapitalismus. Wir können uns dieses Katastrophensystem nicht länger leisten.
Der Kampf gegen rechts muss ein breit angelegter Kampf gegen die Rechtsentwicklung im weiten Sinne sein. Zentral wird sein, wie sich die sozialen Klassenkämpfe in unserem Land entwickeln. Hier wird die Rolle der Gewerkschaften entscheidend sein. Aber das wird nicht reichen. Es wird stark darauf ankommen, ob die demokratische Zivilgesellschaft den von den Rechten ausgerufenen Kulturkampf annimmt. Hier brauchen wir breiteste Bündnisse über alle politischen Themenfelder hinweg. Und wir brauchen natürlich den Kampf auf der Straße. Die Dominanz extrem rechter Ideologie muss in vielen Regionen zurückgedrängt werden. Ich warne ausdrücklich davor, die Gefahr kleinzureden, die von der AfD ausgeht. Sie ist zwar noch keine durchgehend faschistische Partei, aber in ihrem Kern trägt sie diesen Charakter in sich. Sie ist Teil des rechtsextremen Netzwerks bis hin zu den Schlägertrupps. Noch rechnet das Monopolkapital nicht mit der AfD als Regierungsoption, bei Zuspitzung der allgemeinen politischen Krisensituation kann sich dies aber schnell ändern. Und bereits jetzt beeinflussen die extremen Rechten Regierungshandeln national und international – insbesondere in der Asylpolitik, aber auch im Bereich der Inneren Sicherheit. Angesichts der heutigen Überwachungsmöglichkeiten und der bestehenden Polizeigesetze kann man nur davor warnen, sich auf ein Experiment „AfD in Regierungsverantwortung entzaubern“ einzulassen. Es würde eine massive Verschlechterung der Kampfbedingungen aller fortschrittlichen Kräfte in diesem Land nach sich ziehen.
Was uns dabei überhaupt nicht hilft, sind die Spekulationen und Interviews zur sogenannten Wagenknecht-Partei. Wer wie die Namensgeberin derzeit vor einem „überbordenden Sozialstaat“ warnt und in Stammtischmanier gegen das Gendern oder gegen das Recht auf Geschlechtsumwandlung polemisiert, macht keine linke Politik sondern Anbiederung nach rechts. So bekämpft man die AfD nicht sondern macht ihre Inhalte salonfähig.
Und noch ein Wort zu Wahlentscheidungen: Natürlich muss unsere Partei bei Entscheidungswahlen dazu aufrufen, den Nicht-AfD-Kandidaten zu wählen. Ihr erinnert Euch an den Vorsitzenden der Portugiesischen Kommunistischen Partei. Cunhal, der in einer ähnlicher Situation aufgefordert hat: „Augen zuhalten und Kreuzchen machen“. Oder wie Dietrich Kittner immer so schön sagte: „In Fragen des Faschismus ist eine Enthaltung letztlich immer eine Stimme für die Faschisten.“ So ist es auch in Sonneberg und anderswo.
Liebe Genoss*innen, liebe Freund*innen,
Ein besonders mieses Beispiel für die Verkommenheit des Kapitalismus müssen derzeit die Ford-Belegschaft und die der Zulieferfirmen erleben. Der Ford-Konzern presst auch noch den letzten Euro aus dem Werk und lässt die Belegschaft nun schon über Monate um ihre Arbeitsplätze zittern. Es ist gut, dass die Kolleg*innen zum Mittel des spontanen Streiks gegriffen haben – das hat Druck gemacht. Aber leider ist die SPD-Landesregierung ein Papiertiger, wenn es darum geht, dem Ford-Konzern in den Arm zu fallen. Sie spielen die Vermittlerin zwischen Ford, Belegschaft und möglichen neuen Investoren. Etwas ganz anderes wäre nötig: Das Saarlouiser Werk müsste sofort unter gesellschaftliche Kontrolle gestellt und Grund und Boden enteignet werden. Und eigentlich gilt das für alle Ford-Standorte in Deutschland, die immer mehr ins Abseits gedrängt werden. Die Beschäftigten wären mit ihren Entwicklungsabteilungen und ihren Produktionskapazitäten in der Lade, alternative gesellschaftlich nützliche Produkte zu entwickeln und zu produzieren. Sie müssten endlich von den Ketten der Kaputtsanierer und Manager befreit werden. Dann gäbe es eine Zukunft für alle im Werk SLS und bei den Zulieferern.
Welche Dynamik derzeit die Rechtsentwicklung in allen gesellschaftlichen Bereichen bekommt, zeigen die gemeinsamen Aussagen der zwei saarländischen Landräte Lauer (SPD) und Recktenwald (CDU) Mitte Juli. Da werden in schöner neoliberaler GroKo-Manier alle Ressentiments gegen das sogenannte „Anspruchsdenken“, gegen „Zuschauermentalität“ etc. bedient. Ihre Kernthese: Es gäbe immer mehr staatliche Leistungen und Aufgaben, weil die Bürger immer mehr vom Staat verlangen würden – das gehe nicht mehr so weiter. Ja, wo leben die Herren denn? Bewegen die sich auch mal aus ihren mit Pools garnierten Gärten heraus?
Lauer warnte gar vor einem Ende des deutschen Wohlstandes. Die kommunale Ebene stehe mit dem Rücken zur Wand, die Handlungsfähigkeit sei massiv gefährdet, sagte Recktenwald. Als Höhepunkt der Kampfansage gegen die Rechte der Arbeiterklasse äußert sich der SPD-Mann Lauer: „Entschuldigung, dass ich das sagen muss: Wir brauchen dringend wieder eine Konkurrenzsituation auf dem Arbeitsmarkt.“ Mehr Agenda-2010-SPD geht eigentlich nicht mehr. Das, liebe Genoss*innen, ist die Dekadenz der politischen Kapitalschergen, die nach unten treten und nach oben katzbuckeln. Pfui Teufel!
Aber es gibt auch ein paar gute Neuigkeiten. Unser Marxismus-Kurs für Einsteiger*innen, den wir gemeinsam mit der kommunistischen Gruppe ConnAct durchführen, ist erfolgreich gestartet. Fast 30 Leute haben sich angemeldet. Die Beteiligung schwankt natürlich – es ist Ferienzeit. Aber wir sind doch sehr froh, dass uns dies gelungen ist. Und zudem will ich Euch auf eine tolle Veranstaltung am nächsten Samstag aufmerksam machen. Das FriedensNetz Saar veranstaltet am 12.08. auf dem Cora-Eppstein-Platz in Saarbrücken ein Friedensfest. Es findet von 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr statt. Es treten viele friedensbewegte Musiker*innen auf – Daniel wird wieder dabei sein, Sigi Becker mit Friedensliedern, Gustavo und Götz mit argentinischem Tango vom Feinsten sowie Liedstöckel mit ihrem politischen Programm. Lasst Euch das nicht entgehen.
Nun wünsche ich Euch weiter viel Spaß auf unserem Sommerfest.
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